Staatl. Museum für Naturkunde Karlsruhe
Neugestaltung Insektensaal

Daten

Aufgabe: Neugestaltung Dauerausstellungsbereich Insektensaal
Standort: Staatliches Museum für Naturkunde, Karlsruhe
Fläche: 220m2
Auftraggeber: öffentlich
Wettbewerb: 2008

[aus dem Wettbewerbsbeitrag]

Die heimlichen Herrscher

Insekten sind die artenreichste Gruppe der Gliederfüßer und zugleich die artenreichste Gruppe der Tiere überhaupt. Sie sind mit Ausnahme der Ozeane in fast allen Lebensräumen und Gebieten der Erde zu finden.
Auch wenn die namensstiftende Gliederung des Körpers bei allen Insekten gleich ist, so differieren die Arten in Ihrer Größe, in ihren Fähigkeiten und in ihrer Anpassung an unterschiedlichste Lebensräume in beinahe unermeßlicher Vielfalt.

Die Welt der Insekten berührt in vielerlei Hinsicht die Welt des Menschen. Manche Arten sind dem Menschen vertraut seit altersher, im Guten wie im Schlechten. Von der biblischen Heuschreckenplage bis zur Gewinnung kostbaren Naturseide oder goldenem Honig spannt sich der Bogen dieser Beziehung. Von der berückenden Schönheit der Schmetterlinge läßt sich der Mensch betören und er flieht in Ekel vor Käfern und Schaben.

Vieles an der Welt der Insekten ist uns fremd, vieles liegt noch im Verborgenen. Die Ausstellung im Naturkundemuseum soll dem Besucher einen Einblick gewähren in diesen ungeheueren Reichtum, sie soll vertraut machen mit großen Fähigkeiten und einem erstaunlichen Ideenreichtum. Wer eintaucht in diese Welt, wird sich der Faszination dieser heimlichen Herrscher der Erde nicht entziehen können.

Die heimlichen Herrscher

Konzept

Im Zentrum des Insektensaals umschließen den Besucher vier Objektwände, die als übermannshohe Schauvitrinen den ganzen Artenreichtum der Insekten und gleichzeitig den Reichtum des Museums an gesammelten Tieren präsentieren. Dieser Bereich des Saals ist zurückhaltend und akzentuiert ausgeleuchtet. Anders als in den umliegenden Raumteilen, die einzelnen Unterthemen mit hoher Informationsdichte gewidmet sind, beschreibt die Mitte durch die Vielzahl der Objekte unmittelbar den ungeheuren Reichtum, die Schönheit, das Absonderbare dieser Tiergruppe. Im Zentrum steht eine Säulenskulptur, die den Artenreichtum der gesamten Lebewesen auf der Erde und die herausragende Stellung der Insekten im Blick auf die Diversität verdeutlicht. Die Säulen tragen in Auszug die Namen der bisher bekannten Tier- und Pflanzenarten. Optional vorgesehen und in eine der Objektwände integriert, können mehrere Besucher gemeinsam mittels eines Multitouch-Sreens auf Entdeckungsreise durch die vielfältige Artenwelt der Insekten gehen.

Räumliche Struktur

Die raumbildenden Einbauten lassen einerseits die Struktur des Bestandes nach wie vor ablesbar, andererseits gliedert das Neue durch eine bewußt einfache, leicht erfassbare Konfiguration den Raum um ein Zentrum in vier umliegende Teilbereiche. Der Übergang zwischen den einzelnen Bereichen ist fließend – es entstehen keine Bewegungsbrüche, vielfältige Sichtbeziehungen sind möglich. Die Vitrinen und Schautafeln an den umliegenden Wänden des Saals sind direkt auf die Bestandswände montiert, damit wird die Raumhülle selbst in die Ausstellung mit einbezogen. Gleiches schafft die Farbgestaltung einzelner Wandteile. Sie unterstützt die räumliche Zonierung, wie auch die an den Fenstern vorgesehenen raumhohen Banner Orientierung zu einzelnen Themenbereichen geben. Eine Abfolge von Bild- und Texttafeln an den Wänden, integrierten Vitrinen, Aufsichtvitrinen, Multimedia-Stationen und, wo möglich, frei abgehängten Objekten hält ein hohes und abwechslungsreiches Informationsangebot bereit.

Präsentation

Das reale Objekt, das vergrößerte Modell und, wo nicht anders möglich, der Originalabguß sollte eigentlich immer in der Präsentation den ersten Rang einnehmen. Heute, da die mediale Aufbereitung oft die Auseinandersetzung mit den Inhalten zurückdrängt, ist das Erlebnis unmittelbarer Anschauung gerade eine Leistung, zu der die Museen wie kaum andere Einrichtungen noch befähigt sind. Zu diesem unmittelbaren Erleben gehören auch die geplanten Ausstellungsstationen zum Hören, Riechen und Fühlen.
Die neuen Medien sollten die klassischen Vermittlungstechniken nicht ersetzen. Wir betrachten sie als ein sinnvolles weiteres Instrumentarium. In der Ausstellung werden sie eingesetzt, um Einblicke hinter die Oberfläche zu geben, das Verborgene sichtbar, Zeit- und Bewegungsabläufe nachvollziehbar zu machen.
In ihrer Ungebundenheit an räumliche Ausdehnung erlauben sie zudem eine große Informationstiefe, die Wissensvermittlung gerade komplexer Sachverhalte erheblich erleichert.